Ein Nachtrag zu einer alten Presseente.
Da ich gestern auf einer Veranstaltung der Stadt Bergisch Gladbach zur Bürgerbeteiligung Verkehr & Mobilität mitbekommen habe, dass es noch nicht allgemein bekannt ist, dass es sich bei dem Artikel im Kölner Stadtanzeiger, wonach keine Fahrräder in der Fußgängerzone abgestellt werden dürften, um eine Ente handelt.
Daher veröffentliche ich hier die Klarstellung durch den Bürgermeister der Stadt, welche mir am 21. Januar 2014 per E-Mail zugesand wurde:
Sehr geehrter Herr Müller!
In einer an mich gerichteten E-Mail vom 30.07.2013 bezogen Sie sich auf eine Presseerklärung der Stadt Bergisch Gladbach im Kölner Stadtanzeiger vom 29.07.2013 und baten unter Bezug auf von Ihnen benannte Gerichtsurteile um eine Klarstellung hinsichtlich der Frage, ob Fahrräder in der Fußgängerzone Stadtmitte abgestellt werden dürfen. Die Prüfung dieses Anliegens bedurfte eines längeren Zeitraumes, wofür ich Sie zunächst um Ihre Nachsicht bitte. In der Sache antworte ich Ihnen wie folgt:
Nach Durchsicht der Urteile
des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.01.2004, Az. 3 C 29.03 des Oberverwaltungsgerichts Niedersachsen vom 06.06.2003, Az. 12 LB 68/03 und des Verwaltungsgerichts Münster vom 11.07.2008, Az. 1 K 1536/07
kann ich feststellen, dass die in der Pressemitteilung des KStA vom 29.07.2013 “Fußgängerzone, Verboten, aber nicht geahndet” verwandte Formulierung “Rein rechtlich darf auch ein Fahrrad in der Fußgängerzone nicht abgestellt werden” in dieser allgemeinen Formulierung nicht zutreffend ist!
Diese Aussage dürfte sich auf das Handbuch des Bußgeldverfahrens vom Horst Maier-Verlag, Ausgabe 2009 beziehen. Dort heißt es auf Seite Nr. 153 unter 5.2 b, Fußgängerbereiche:
“Das Benutzungsverbot gilt auch für Fahrzeuge (z.B. Krafträder), die in einen Fußgängerbereich geschoben und dort geparkt werden (OLG Köln NZV 97,191). Fahrräder dürfen zwar geschoben, aber zu keiner Zeit, auch nicht während der Freigabezeit für den Lieferverkehr, dort geparkt werden, es sei denn, Radverkehr ist durch Zusatzzeichen für bestimmte Zeiten zugelassen.”
Diese Aussage steht jedoch im Widerspruch zu den o.g. Urteilen. Hieraus ergibt sich, dass das Abstellen von Fahrrädern auf Gehwegen und anderen dem Fußgängerverkehr vorbehaltenen öffentlichen Verkehrsflächen eine straßenverkehrsrechtlich grundsätzlich zugelassene Nutzung ist und deshalb einer generellen -einzelfallunabhängigen- städtischen Regelung oder Praxis nicht zugänglich ist.
Etwas anderes gilt nur dann, wenn das Abstellen eines Fahrrades gegen § 1 Abs. 2 StVO verstößt. Hiernach hat sich jeder Verkehrsteilnehmer so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird. Behinderungen im Sinne von § 1 Abs. 2 StVO liegen in Verhaltensweisen eines Verkehrsteilnehmers, die anderen die Möglichkeit nehmen, sich im Verkehr ihren Wünschen entsprechend zu bewegen. Dies setzt voraus, dass der andere Verkehrsteilnehmer zu einem von ihm nicht beabsichtigten Verkehrsverhalten gezwungen wird. Wird also beispielsweise ein Fahrrad mitten in der Fußgängerzone abgestellt und werden dadurch Fußgänger behindert, so stellt dies eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 1 StVO dar. Der Außendienst der Ordnungsbehörde ist dann berechtigt, das Fahrrad umzusetzen bzw. an einen anderen Ort zu verbringen.
Gleiches gilt bei einem Verstoß gegen brandschutzrechtliche Vorschriften, d.h. wenn durch abgestellte Fahrräder Zufahrten oder Aufstellflächen für Fahrzeuge der Feuerwehr oder des Rettungsdienstes blockiert werden.
Diese Klarstellung zur Rechtslage werde ich bei der nächsten Presseerklärung zum Thema “Radverkehr in Bergisch Gladbach” mit aufnehmen.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Informationen gedient zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Lutz Urbach
Bürgermeister
Für diese Antwort benötigte die Stadt fast 6 Monate.
Zur vermeintlichen Quelle (Handbuch des Bußgeldverfahrens, Horst Maier-Verlag, Ausgabe 2009) kann ich noch hinzufügen, dass es dieses Buch bei dem angegeben Verlag nicht gibt und sich diese Textstelle im Handbuch des Bußgeldverfahrens vom Richard Boorberg Verlag nicht finden läst.