Natürlich müsste es Bergisch Gladbach heißen! Da es aber hier oftmals genauso provinziell wie in der alten Kinderserie zugeht und auch seit dieser Zeit die Gefahren von Radverkehrsanlagen bekannt sind beschloss ich meinen aktuellen Eintrag so zu benennen.
Dieser Beitrag ist mit nahezu identischem Inhalt auch in dem Bergisch Gladbacher Bügerportal iGL unter dem Titel Radwege: Keine Lösung für die Sicherheit zu finden.
Neues von der Stadtverwaltung
Vieleicht erinnert sich noch manch ein an Verkehrsicherheit interessierter Bürger an die Ankündigung der Stadtverwaltung vom August 2010:
Sie (die Radwege) können weiterhin von Radlern – gemeinsam mit Fußgängern – genutzt werden, müssen dies aber nicht. Wer als Radfahrer lieber auf der Straße fahren möchte, wird dies dann auch ungestraft tun können.(http://www.rhein-sieg-anzeiger.ksta.de/html/artikel/1281431613383.shtml)
Nachdem sich diesbezüglich seitdem allerdings nichts am Zustand der Radwege und ihrer Beschilderung in Bergisch Gladbach verändert hat, sondern nur von neuen Ankündigungen zur Anlage weiterer Radwege im Raum Bergisch Gladbach und Umgebung zu lesen war, fragte ich nach, wie weit die Planungen zur obigen Verlautbarung denn fortgeschritten seien?
Nachfrage bei der Stadtverwaltung
Meine E-Mail an die Stadtverwaltung:
Sehr geehrter Herr ****,
wie ich in der Presse nachverfolgen konnte gibt es neues zur Verkehrsplanung in Bergisch Gladbach.
Zum einen geht es um einen Rad-/Gehweg entlang der Straße Straßen in Herkenrath den der Regionalrat am 1.4. beschliessen will. Können Sie mir Auskunft geben, was dort geplant ist? Zumal ja in Herkenrath erst vor kurzer Zeit ein haarstreubender, abschüssiger, baulich von der Fahrbahn getrennter (Hochboard) rechtswidrig linksseitig als benutzungspflichtig gekennzeichneter Radweg angelegt wurde.
Dann wäre noch der Kreisverkehr an der Herman-Löns-Straße (http://www.rhein-berg-online.ksta.de/html/artikel/1300555258869.shtml). Hoffentlich wird das dann nicht so wie auf dem Bild realisiert. Da sind die Teller so durchgängig an der Haltelinie verlegt, dass es fast unmöglich ist dort mit einem Zweirad sicher hindurchzukommen. Das wäre sehr schade, da sich gerade die Hermann-Löns-Straße für diese als Alternative zur Mülheimer-Straße anbietet, z.B. für die Fahrt ins Paffrather Kombibad. Sinnvoll wäre es meines Erachtens auch die Teller auf dem Innenkreis anzubringen, denn gerade die Möglichkeit des Schneiden/Überfahren des Innenkreises macht kleine Kreisverkehre so gefährlich!
Ausserdem interessiert es mich, ob Sie mittlerweile eine Straße in Bergisch Gladbach entdeckt haben, bei der eine “qualifizierte Gefahrenlage” vorliegt, die unter Berücksichtigung des Grundsatzurteils des BVerwG vom November 2010, eine Anordnung der Benutzungspflicht rechtfertigt. Oder ob weiterhin fast alle Radwege illegal als benutzungspflichtig angeordnet sind.
Die Stadt Köln montiert im Moment anscheinend mehr und schneller Vz.237, 240 und 241 ab, als die Stadt Bergisch Gladbach.
Mit freundlichen Grüßen Holger Müller
Die Antwort der Stadtverwaltung
Hier ein Auszug aus der Antwort der Stadtverwaltung:
Sehr geehrter Herr Müller,
der Stand in der Radwegegeschicht: bis jetzt haben wir gemeinsam mit der Polizei und Baulastträger den Schildgener Bereich “vorabgeklappert”. Gestern bei der Verkehrsbesprechung wurde nochmals darauf hingewiesen, dass es bis heute noch keine endgültige Regelung (neue StVO) gibt, d.h., dass endgültige Beschilderungs-und Markierungen vorerst nicht umgesetzt werden.
Da frage ich mich: Darf ich dann als Radfahrer in Bergisch Gladbach Beschilderungen und Markierungen bis zum Inkrafttreten einer neuen StVO vorerst auch nicht umsetzen?
Zur rechtlichen Lage
- Mitte der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts stellte die Bundesanstalt für Straßenwesen in mehreren Studien fest, dass es auf straßenbegleitenden Radwegen, insbesondere durch Abbiege- und Querungsproblematiken, zu mehr Gefahren und Unfällen mit Radfahrern als bei Straßen ohne Radwege kam.
- Im Jahr 1997 wurde daraufhin ein Novelle der Straßenverkehrsordnung und der zugehörigen Verwaltungsvorschriften beschlossen. Mit in Kraft treten dieser Verordnung wurde die ?allgemeine Benutzungspflicht von 1934 aufgehoben. Nur noch mittels der allseits bekannten blauen Verkehrszeichen beschilderte Radwege sollten benutzungspflichtig sein. Desweiteren bekamen die Behörden eine Frist von einem Jahr zugestanden in der sie die bestehnde Beschilderung auf ihre Notwendigkeit überprüfen und korrigieren sollten. Anstatt dieser Anweisung zu folgen beschilderten die meisten StVBen nun sämtliche Radwege als mittels Zeichen 237, 240 und 241 als benutzungspflichtig!
- Nachdem die Übergangsfrist 1998 entgültig abgelaufen war gab es die ersten Klagen der von dieser Behördenwillkür betroffenen Radfahrern. Je nach Gericht und Richter obsiegte mal der Radfahrer und mal die StVB. In der Tendenz zeichnete sich allerdings ab, dass die StVBen ihren Verpflichtungen flächendeckend nicht nachgekommen waren
- Da dieses Verhalten auch im Bundesverkehrsministerium bekannt wurde, begann dieses Anfang dieses Jahrtausends mit einer weiteren Novellierung der StVO, die später als Schildernovelle berühmt wurde.
- 2005 ging es dann beim Regensburger VG um einen Regensburger Radweg, bei dem die örtliche Straßenverkehrsbehörde unterlag. Diesmal wollte diese sich aber nicht damit abfinden, so das dieses Urteil im August 2009 vom VGH München bestätigt wurde.
- Kurz zuvor (April 2009) trat dann auch die Novelle der Straßenverkehrsordnung in Kraft, wo insbesondere die Verwaltungsforschriften zur Freigabe (nicht Verpflichtung!) von Wegen für den Radverkehr massiv verschärft wurden. Natürlich wurden auch diese Änderungen von den StVBen ignoriert.
- Im Juni 2009 wird in der BASt Studie V184 auf Seite ?121, dass ?vor der Benutzung von (benutzungspflichtigen) Radwegen gewarnt werden solle!
- Im April 2010 wurde dann dieses StVO vom Verkehrsminister Ramsauser für nichtig erklärt. Hierbei ist zu erwähnen, das die neue Verwaltungsverordnung nicht von dieser Nichtigkeit auf Grund eines Formfehlers betroffen ist und weiterhin gilt. Auch ist der §45 der StVO nicht von den Änderungen betroffen und in beiden Fassungen identisch.
- Da Gerüchte aufkamen, dass in einer weiteren Novellierung der StVO eventuell Ausnahmen einfließen könnten, die Einschränkungen des Radverkehrs erleichtern könnten, kam es im Juli 2010 eine kleine Anfrage der Grünen im Bundestag (Drucksache 17/2611):
4. Trifft es zu, dass das Referat LA 22 des BMVBS bei der Korrektur der 46. StVO-Novelle eine Neufassung des § 45 StVO plant, mit der die Anordnung von Radwegebenutzungspflichten von den allgemeinen gesetzlichen Voraussetzungen für Verkehrsbeschränkungen ausgenommen werden soll? Falls ja, wie begründet die Bundesregierung diese Abkehr von den Zielen der 46. StVO-Novelle, zu deren wesentlichen Zielen die Förderung des Radverkehrs gehört?
Nein, die Änderungen betreffen Erleichterungen bei der Anordnung von Schutzstreifen für Radfahrer sowie des Zusatzzeichens Nr. 1000-32 zu Zeichen 220(Öffnung der Einbahnstraße für gegenläufigen Radverkehr).
- Im November 2010 kam es dann zu einem wegweisenden Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichtes), welches ?eine Radwegebenutzungspflicht nur bei einer qualifizierter Gefahrenlage für zulässig erklärt. Insbesondere wird anerkannt, dass benutzungspflichtige Radwege eine Verkehrsbeschränkung im Sinne von §45 StVO darstellen und dieser somit auch für die Vz 237, 240 und 241 gilt.
Fazit
Anhand dieser Chronologie frage ich mich, auf welche Gesetzesänderungen die Bergisch Gladbacher Straßenverkehrsbehörde denn noch warten möchte, an Stelle bestehendes Recht umzusetzen!
Wie an den obigen Urteilen und Quellen zu ersehen ist, geht es nicht darum, ob die StVB Radwegschilder entfernen darf oder kann, sondern darum, ob sie überhaupt welche hätte aufstellen, bzw. ob selbst die vorhandenen Wege für den Radverkehr freigegeben werden dürften!
Ich frage mich, wie eine Verwaltung von ihren Bürgern Rechtstreue erwarten kann, wenn sie selbst geltendes Recht Jahrzehnte lang ignoriert?